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Großmeister für Gewebeproben 

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2021

 

Eine innovative Technik in der Pathologie: Mit Tissue Micro Arrays (TMA) können Gewebeproben in großer Zahl und unter identischen Bedingungen zeit- und kosteneffizient bearbeitet werden. Für einen digitalisierten TMA-Workflow setzt die Senckenberg BioBank in Frankfurt auf das Know-how von Sysmex 

Text: Arnd Petry 

Hellblau, Violett, Weiß, Apricot, Gelb und Neongrün: In einem Setzkasten aus Pappe reihen sich farbig eingefasste Paraffin-Blöckchen mit Gewebeproben aneinander. Dr. Katrin Bankov nimmt einige heraus und bestückt damit den Hochleistungs-Tissue-Micro-Arrayer TMA Grand Master. Das Gerät wird aus diesen sogenannten Donorblöcken nun an der vorher exakt festgelegten Position kleine Gewebekerne herausstanzen und auf einen gemeinsamen „Rezipientenblock“ übertragen – den Tissue Micro Array, kurz: TMA 

„Für unsere Forschungsprojekte greifen wir auf Bioproben von Krebspatienten zurück, die von der hoheitlichen Biobank zur Forschung freigegeben wurden“, erklärt die Biotechnologie-Ingenieurin, die eine der Bioprobensammlungen der zentralen Biobank des Universitären Zentrums für Tumorerkrankungen (UCT) am Universitätsklinikum Frankfurt leitet. „Das ist Überschussgewebe, das bei erteiltem ,informed consent‘ der Patienten nach Abschluss der klinischen Diagnostik für die Forschung verwendet werden darf.“ Das Ziel der Senckenberg BioBank ist es, mit diesen Proben repräsentative lokale Kohorten für verschiedene bösartige Tumorerkrankungen aufzubauen, die sogenannten „Frankfurt Molecular Portraits of Malignant Diseases“. 

Als Teil des Dr. Senckenbergischen Instituts für Pathologie (SIP) – so der offizielle Name – ist die Senckenberg Bio- Bank eine Einrichtung des Universitätsklinikum Frankfurt. Das SIP ist zuständig für die patientenorientierte Diagnostik und Forschung an Gewebeproben und Zellen. In den histologischen, immunhistochemischen, molekularpathologischen und zytologischen Laboren werden jährlich Gewebeproben von mehr als 30.000 Patienten aus dem Uniklinikum bearbeitet. Nach der Befundsicherung werden sämtliche Proben eingelagert, entweder kryoasserviert – also in flüssigem Stickstoff tiefgekühlt – oder als in Formalin-fixiertes Paraffin-eingebettetes Gewebe, kurz: FFPE-Gewebe (für engl.: formalin-fixed paraffin-embedded). 

Für die diagnostischen Proben von Klinikpatienten besteht nach der Befundsicherung eine gesetzliche Aufbewahrungspflicht. „Und wir haben dafür Sorge zu tragen, dass dieses Material nicht erschöpft wird“, betont Katrin Bankov. „Angesichts der Vielzahl an klinischen Studien und persönlich ausgerichteten Therapiemöglichkeiten bieten archivierte Gewebeproben eine einfache Möglichkeit, um Patienten auf neue Therapieoptionen zu screenen, auch wenn die Erkrankung bereits einige Zeit zurückliegt.“ 

Um mit dem kostbaren Probenmaterial möglichst sparsam umzugehen, nutzt die Senckenberg BioBank Tissue Micro Arrays für den Aufbau des eigenen Forschungsarchivs. „Wir möchten die diversen Entitäten der verschiedenen malignen Erkrankungen möglichst auf eigenen TMAs abbilden“, sagt Katrin Bankov. Solche gut charakterisierten Kohorten bieten sich dann für Biomarker-Screenings an. „In unseren eigenen Forschungsprojekten interessiert uns beispielsweise, welche Marker prognoserelevant sind oder welche Marker spezifischere Subtypisierungen ermöglichen.“ 

„Mit TMAs können wir außerdem möglichst effizient größere Patientenkohorten systematisch bearbeiten“, so Katrin Bankov. Das spart Zeit – und auch wertvolle unwiederbringliche Ressourcen. Der Prozess sei aber nicht nur ressourcenschonend. Auch die Qualität der Analysen werde besser, weil Schwankungen zwischen den Arbeitsgängen minimiert werden können. „Ich bringe einfach alle repräsentativen Areale auf einem Empfängerblock zusammen und mache dann eine immunhistochemische Färbung (IHC), die für alle Regionen unter vergleichbaren Bedingungen abläuft.“ Auch die Kontrolle der diagnostischen IHC-Färbungen wird vereinfacht: „Wir nutzen speziell entworfene TMAs als On-Slide-Kontrollen in unserer Forschung und auch in der Routinediagnostik, um stets die Detektion von Biomarkern zu verifizieren und Fehler zu erkennen. Das spart Material, es ist effizient und man hat die Möglichkeit, mit wenig Material positives und negatives Kontrollgewebe sowie verschiedene Expressionsmuster zusammen abzubilden.“ 

Entscheidend für den wissenschaftlichen Wert der TMA-Kohorten ist Katrin Bankov zufolge jedoch die kritische Kontrolle durch die Fachpathologen des Instituts: „Das ist der Grundstein für die Qualität unseres Archivs. Wir wollen unsere Biobank nur mit hochqualitativen Materialien bestücken, die auch für verschiedene Forschungsanfragen geeignet sind“, betont sie. „Nicht jeder Tumor besteht aus vitalem Gewebe. Manche sind beispielsweise hämorrhagisch oder nekrotisch und nicht repräsentativ für die jeweilige Kohorte.“ Und auch die Entscheidung, welche Tumorproben schließlich auf den TMAs zu einer Kohorte zusammengefasst werden, könnten nur die Experten treffen. 

Digitalisierte Arbeitsprozesse 

Maßgeblich erleichtert wird die Arbeit der Pathologen durch zunehmend digitalisierte Arbeitsprozesse – wie das Zusammenspiel des TMA Grand Master mit dem Scanner Pannoramic SCAN II BF zeigt: Der Scanner kann im kontinuierlichen Betrieb binnen 90 Sekunden Gewebeschnitte einlesen. Die Slide-Overlay-Funktion der TMA-Software ermöglicht es, das eingescannte Bild eines Gewebeschnitts am Monitor über das Foto des dazugehörigen Paraffinblocks zu legen, der sich gerade im TMA Grand Master befindet. „Die Digitalisierung steigert die Präzision und macht es möglich, auf mikroskopischer Ebene zu arbeiten“, erklärt Bankov. Die Möglichkeit, das Bild des zu einer Gewebeprobe gehörenden Gewebeschnitts bei 40-facher Vergrößerung auf dem Bildschirm betrachten zu können, hilft den Pathologen, diejenigen Bereiche in der Gewebeprobe auszuwählen, die repräsentativ für einen Tumor sind und auf den TMA übertragen werden sollen. 

Auch Patienten profitieren 

Die digitalisierten Gewebeschnitte eröffnen noch weitere Möglichkeiten. „Eine digitalisierte Kohorte ist eine wertvolle Datenbank, auf deren Basis viele weitere Fragestellungen beantwortet werden können“, erklärt Katrin Bankov. Denkbar sei es, im Rahmen von nationalen oder internationalen Forschungsprojekten in Zukunft auf das Versenden von Objektträgern mit Gewebeschnitten zu verzichten und stattdessen die digitalen Slides zu teilen. Auf dieser Basis könnte entschieden werden, inwiefern ein Projekt- oder Studieneinschluss machbar und nötig ist. 

Patienten können auch noch auf eine weitere Weise profitieren: „Für die konsiliarische Befundung – wenn also eine Zweitmeinung eingeholt werden soll – wird das Bildmaterial digital ausgetauscht und das originale Belegmaterial bleibt bei uns am Institut.“ Das gelte auch für die Zusammenarbeit in interdisziplinären Tumor-Boards, deren Mitglieder räumlich verteilt sind. Zudem bietet es sich an, die digitalen Bilder für die Entwicklung und das Training von neuronalen Netzwerken heranzuziehen. Dr. Nadine Flinner hat dafür am Institut eine Forschungsgruppe für Computational Pathology etabliert. „Perspektivisch können Algorithmen die Diagnostik unterstützen“, erklärt Katrin Bankov. „Das wird unsere Pathologen nicht ersetzen und soll es auch nicht, aber vielleicht können wir so der Intraobserver-Variabilität entgegenwirken und in besonders schwierigen Fällen die Aussagekraft beschleunigen oder verbessern.“ 

Summary

  • In der Senckenberg BioBank wird Tumorgewebe nach Abschluss der Diagnostik für die Forschung verwendet 
  • Die Gewebeproben werden Paraffin-eingebettet archiviert. Daraus werden TMAs zusammengestellt, um gezielte Kohorten für Testungen zu erhalten 
  • Zur Erstellung der TMA kommt der Hochleistungs-Tissue- Micro-Arrayer TMA Grand Master zum Einsatz 

 

Fotoquelle: Felix Schmitt 

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