Zusammen wachsen
XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2025
Kurz nach Markteinführung hat Sysmex eine der ersten BloodScience Workcells im Zentrallabor des Universitätsklinikums des Saarlandes (UKS) integriert – eng im Austausch mit Laborleitenden. Über die Bedeutung von partnerschaftlichem Vorgehen bei Projekten
Text: Verena Fischer
Fotos: Thomas Pirot



Der Weg zum Zentrallabor des Universitätsklinikums des Saarlandes (UKS) führt einmal quer über den Universitätscampus; vorbei an denkmalgeschützten Gebäuden auf der einen und fünfgeschossigen Neubauten in verschiedenen Grüntönen auf der anderen Seite – drum herum Wald. Über den Eingang der Notaufnahme lässt sich das Labor im Untergeschoss schnell erreichen. Kaum eingetreten, weicht die Stille des Treppenhauses lebendigem Treiben: Das sehr junge Laborteam durchquert emsig die Flure – es wird geplaudert, gelacht, konzentriert gearbeitet. Keine Spur davon, dass die Frühschicht schon seit fünf Uhr morgens im Einsatz ist, wenn die erste Probenflut aus der Intensivstation das Labor überschwemmt. Spätestens um sieben Uhr erwarten die Kolleginnen und Kollegen auf Station die Ergebnisse – jeder Handgriff muss sitzen. Da sich am UKS ein Hämophilie-Zentrum der höchsten Versorgungsstufe (HCCC) beendet, hat die Spezialgerinnungsanalytik am Standort einen besonderen Stellenwert. Tagtäglich werden spezifische Gerinnungsparameter wie etwa Einzelfaktoren labordiagnostisch bestimmt.
„Mit 73 möglichen Anforderungen ist die Hämostaseologie ein sehr anspruchsvoller Laborbereich, der reichlich Zeit und Fachkenntnis benötigt“, bestätigen Laborleiter Prof. Dr. Jürgen Geisel und MTL-Leiter Tim Schmidt. Die zwei hochgewachsenen, schlanken Männer strahlen eine Gelassenheit aus, die sich auf die Atmosphäre im gesamten Team auszuwirken scheint. Prof. Geisel ist die Ruhe in Person. Man fühlt sich direkt wohl. Er sagt: „Der Gerinnungsarbeitsplatz ist sicherlich der, der im Labor am meisten Veränderung erfährt. Ständig kommen neue Präparate hinzu, die neue Tests und neue Testkombinationen erfordern. Wir müssen uns fortwährend adaptieren.“

Wenn altbewährtes wegbricht
Um die Gerinnungsanalytik auf Spitzenniveau zu gewährleisten, vertraute das Zentrallabor bis Ende 2023 auf Stand-alone-Systeme eines anderen Anbieters. Doch dann kündigte die Firma die Verträge spontan auf. „Es musste schnell eine Lösung her“, erinnert sich Geisel, der das Labor seit 2008 leitet und mehrere Gerätegenerationen miterlebt hat. Gesagt, getan: Im Februar 2024 wurde eine Ausschreibung mit einem Forderungskatalog formuliert und der Markt nach dem passendsten Angebot gescannt. Es dauerte nicht lange und die Entscheidung war gefallen: Die BloodScience Workcell von Sysmex, die nahezu zeitgleich auf den Markt kam, überzeugte.
„Wir wollten Arbeitsplätze im Labor konsolidieren, und dafür waren für uns vor allem zwei Punkte entscheidend“, sagt Geisel. Erstens sollte die Gerinnungsanalytik nicht länger auf Stand-alone-Geräten erfolgen, sondern als Workcell gekoppelt sein. „Zweitens war es unser Ziel, die Hämostaseologie und die Hämatologie zusammenzuführen.“ Er fährt fort: „Das ermöglicht es uns, einen Arbeitsplatz, der in der Automation weniger anspruchsvoll ist, mit einem sehr anspruchsvollen Arbeitsplatz zu kombinieren und so für Mitarbeitende eine mittlere Basisbelastung zu schaffen.“ Und er ergänzt: „Und schließlich wollten wir drittens unsere Bestandsgeräte aus der Hämatologie weiternutzen.“ Da das Labor in der Hämatologie bereits seit Jahrzehnten auf Sysmex vertraut, lag es nahe, auf der bestehenden Partnerschaft aufzubauen und Sysmex Gerinnungssysteme mit der vorhandenen Hämatologieautomation zu verbinden.

Neue Wege für alle Beteiligten
Die Zusammenführung der bisher getrennten Laborbereiche der Gerinnung und Hämatologie ist seit Jahren erklärtes Ziel von Sysmex – mit der BloodScience Workcell ist dies dem Unternehmen nun gelungen. Kurz nach der Markteinführung war die Integration der Workcell am UKS eines der ersten BloodScience-Projekte für die Firma. „Direkt an einer Uniklinik mit Gerinnungsschwerpunkt zu starten, ist natürlich eine große Herausforderung“, sagt Linda Schmidt, Außendienstmitarbeiterin bei Sysmex, die das Projekt am Standort hauptverantwortlich betreut. „Mit Herrn Geisel und Herrn Schmidt hatten wir dafür die perfekten Partner gefunden. Es war von Anfang an klar, dass wir in enger Zusammenarbeit an die Sache herangehen werden.“

Im Labor zählt jeder Zentimeter
Als die Entscheidung für die BloodScience Workcell gefallen war, stand als allererstes die räumliche Konzeption auf dem Plan. „Viele Träume zerplatzen an fehlenden Kapazitäten“, sagt Geisel. Es wurde gemessen, gezeichnet und überlegt, wie sich während der Installations- und Montagearbeiten Interimsflächen schaffen lassen, sodass der Routinebetrieb ungestört bleibt. Schnell stand fest, dass die bestehende Hämatologiestraße um 60 Zentimeter nach links verschoben werden musste, um seitlich einen Durchgang zu schaffen. Schmidt, der einen dynamischen Eindruck erweckt, sagt: „Nur wenn sichergestellt ist, dass die Analytik durchgehend funktioniert, kann man sich mit einem Lösungskonzept anfreunden.“
Im Sommer 2024 konnten die Arbeiten losgehen: Die Hämatologiestraße wurde verschoben, und als nächstes wurden große Tischanlagen, die Teil der vorherigen Gerinnungsanalytik waren, inklusive der vorhandenen Mediasäulen zurückgebaut. „Dadurch haben wir sehr viel Platz gewonnen“, berichtet Schmidt, der seit 2016 in Homburg tätig ist und seit drei Jahren das Team leitet. Auch die Optik des Labors habe dadurch gewonnen, da ohne die hohen Trennwände der Tischanlagen nun der Blick durch das gesamte Labor schweifen kann.
Dann ging es an die Kernbohrungen, die nötig waren, um Mediasäulen für die Wasser-, Abwasser-, Strom- und Netzwerkversorgung zu errichten. „Die BloodScience Workcell ist eine Insellösung. Deshalb musste die Medienlösung von der Wand direkt in die BloodScience Workcell verlegt werden“, erklärt Schmidt. Während der Bohrungen gewährleisteten Staubschutzwände, dass der Routinebetrieb in direkter Nähe zu den Handwerksarbeiten reibungslos stattfinden konnte. Nach getaner Arbeit wurden die neuen Systeme für die Gerinnungsanalytik von Sysmex geliefert und installiert, was ungefähr zehn Tage dauerte.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Die BloodScience Workcell fügt sich heute harmonisch in das Laborkonzept ein. Die minimalistischen Mediensäulen befinden sich in direkter Nähe; der automatisch befüllte Kanister für die Wasserversorgung ist in einer Schublade untergebracht. „Wir haben lange überlegt, ob wir die Workcell in L- oder U-Form aufbauen sollen. Mit der L-Form sind wir jetzt sehr zufrieden“, sagt Prof. Geisel. Die Automationsstraße ist in Homburg so konzipiert, dass es zwei Eingänge gibt – auf einer Seite für die Gerinnungsanalytik und auf der anderen für hämatologische Proben. „Die Gerinnungsproben müssen zuerst in die Zentrifuge. Die Racks werden anschließend händisch auf die Straße gebracht“, erklärt Geisel, und Schmidt ergänzt: „Initial hatten wir den Plan, dass es einen einzigen Probeneingang für Hämatologie und Gerinnung geben soll. Das lässt sich aktuell bei uns noch nicht vollständig umsetzen.“ Was es dann definitiv bräuchte, ist eine in die BloodScience Workcell integrierte Zentrifuge – Gespräche mit Sysmex zu diesem Thema laufen. Geisel benennt als einen großen Vorteil der BloodScience Workcell Folgendes: „Wir können jetzt das Probenarchiv, den TS-10, für die hämostaseologischen und die hämatologischen Proben nutzen. Das klingt vielleicht nicht so spektakulär, wie es ist. Aber es erspart Mitarbeitenden einen ganzen Arbeitsschritt, nämlich das fortlaufende Einsortieren von Röhrchen in das Probenarchiv während des Routinebetriebs.“
Auf unbekanntem Terrain braucht es Flexibilität
„Bis zum Aufbau und zur vollständigen Installation der BloodScience Workcell im Juli 2024 lief alles komplett reibungslos ab“, sagt Schmidt und ergänzt: „Es war fast zu schön um wahr zu sein.“ Die Wahrheit ist: Ganz so reibungslos blieb es im weiteren Verlauf nicht – und das hatte auch niemand erwartet. „Nach dem Aufbau kam es bei der Stromversorgung zu Diskrepanzen“, erinnert sich der MTL-Leiter. „Das hat dazu geführt, dass unsere Mediensäule noch mal geöffnet werden musste.“ Außerdem passierte es manchmal, dass sich Straßenmodule während der Arbeit verschoben und die Proben nicht mehr reibungslos über die Straße liefen. Da seit der Kopplung der Analysestraßen MTL von beiden Seiten auf diese zugreifen, kann es passieren, dass sie dabei gegen ein Straßenmodul stoßen und sich dieses dadurch leicht bewegt. Zukünftig soll eine Verankerung der Systeme im Boden dieses Problem lösen. „Wir sammeln hier in Homburg viele wertvolle Erfahrungen, von denen Neukunden profitieren werden“, kommentiert Sysmex Mitarbeiterin Linda Schmidt. Ein weiteres Beispiel dafür: Bei einigen technischen Herausforderungen, darunter Adapter für die Racks, hat Sysmex sehr schnell reagiert. Tim Schmidt sagt: „Sysmex ist für uns ein Partner, der sich durch hohe Flexibilität auszeichnet. Wenn es ein Problem gibt, dann werden zeitnah individuelle Lösungen für uns gefunden. Das schafft Vertrauen und ist für uns ein wichtiger Aspekt, um gemeinsam die Zukunft zu planen.“
Nächste Schritte mit der neuen Lösung
MTL-Leiter Schmidt berichtet über aktuelle Pläne mit der neuen BloodScience Workcell: „Jetzt sind wir gerade mit der Teilvalidation in die Extended IPU umgezogen, als Nächstes wollen wir eine Autovalidation etablieren.“ Hierfür wurde jetzt ein zweistufiges Regelwerk erstellt. Dieses besteht aus einer technischen Freigabe, die MTL direkt an der Extended IPU bestätigen, und einer medizinischen Validation nach abgeschlossener Analyse. „Wir erwarten durch die automatische Validation eine große Erleichterung“, so Schmidt. „Denn sie nimmt MTL den Druck, jeden Befund genau anschauen zu müssen. Stattdessen bleibt Zeit für die wirklich auffälligen Ergebnisse.“ Und er schließt: „Wenn das Freigaberegelwerk erst implementiert ist, können wir zwei Arbeitsplätze zu einem zusammenführen.“
„Sysmex möchte zukünftig ermöglichen, dass auf dem Bildschirm der Extended IPU für MTL Hinweise zur Einordnung auffälliger Befunde und Abhilfe für Fehlermeldungen erscheinen“, berichtet Linda Schmidt. Das wird für noch mehr Erleichterung im Arbeitsalltag sorgen.
Eine runde Sache
„Wir sind insgesamt mit der Zusammenarbeit mit Sysmex und mit der BloodScience Workcell total zufrieden“, sind sich Tim Schmidt und Dr. Geisel einig. Die partnerschaftliche Kooperation sowie die schnelle Umsetzung maßgeschneiderter Lösungskonzepte überzeugten. „Die BloodScience Workcell ist für uns die ideale Lösung, um den hohen Anforderungen im Bereich der Gerinnungsanalytik hier am Standort gerecht zu werden und gleichzeitig die Laborabläufe zu konsolidieren“, schließt Geisel.
SUMMARY
- Die Uniklinik des Saarlandes ist ein Hämophilie-Zentrum erster Versorgungsstufe, weswegen die Gerinnungsanalytik am Standort extrem wichtig ist
- Das Labor setzt auf die BloodScience Workcell, um den hohen Anforderungen gerecht zu werden